Wird die Pflege selbst ein Pflegefall?
Ein gepflegtes Haus, eine ansprechende Gartenanlage, die zum Verweilen einlädt, und hochmotiviertes Personal, das sich über die Pflegeaufgaben hinaus für das Wohlbefinden der Bewohner einsetzt. Das Pflege- und Seniorenheim Feuchtwangen des Landkreises Ansbach ist eine vorbildliche Einrichtung. Voll des Lobes war Landtagsabgeordneter Andreas Schalk gegenüber Landrat Dr. Jürgen Ludwig. Dabei gab es allerdings keineswegs nur positive Aspekte in Bezug auf die allgemeine Betreuungssituation in Deutschland. Auf Initiative der Kommunalen Altenhilfe Bayern eG besuchte Schalk das Pflegeheim und nutzte die Gelegenheit zum intensiven Austausch über die Zukunftsherausforderungen und Aufgabenstellungen in der Pflege mit den Verantwortlichen vor Ort.
Die Pflege von kranken und alten Menschen spielt eine zentrale gesellschaftliche Rolle, gerade weil die Entwicklungen jeden betreffen können: die Pflegebedürftigen, die pflegenden Angehörigen und die in der Pflege Beschäftigten. Der Strukturwandel in der Pflege ist auch in der Region zunehmend bemerkbar. Nicht zuletzt deshalb nutzten Andrea Bayer, Geschäftsführerin des Feuchtwanger Pflege- und Seniorenheims, und Einrichtungsleiterin Verena Großhauser zusammen mit Vertreterinnen des Pflegedienstes und der Hauswirtschaft die Gelegenheit, einen Über- und Ausblick auf die Umstände zu geben, die aktuell und zukünftig auf die Einrichtungen vor Ort einwirken.
Als wesentliche Aufgaben für die Politik wurden dabei eine angemessene Kostendeckung sowie eine ausreichende Ausstattung mit Pflegepersonal herausgearbeitet. So bedürfe es einer finanziellen Entlastung sowohl auf Seiten der Pflegebedürftigen als auch für die Einrichtungen selbst. Steigende Eigenanteile der Bewohner bedeuteten zunehmend einen Unsicherheitsfaktor für die Kostendeckung der Heime. Sinnvoll sei deshalb die Einführung einer Pflegevollversicherung sowie die Erhöhung der Pflegeversicherungsbeiträge, um die Betreuung angemessen gestalten zu können. Außerdem falle es den Heimen zunehmend schwer, den baulichen Standard ohne eine verstärkte Investitionsförderung von staatlicher Seite aufrecht zu erhalten. Zur Bewahrung der Qualität in der Pflege und für die Sicherstellung der Bezahlbarkeit müssten deshalb sowohl Staat als auch Pflegekassen stärker in die Verantwortung genommen werden, so der eindringliche Tenor der Praktikerinnen. Auch der Fachkräftemangel schlage sich auf die Qualität und Versorgungssicherheit in der Pflege nieder. So seien viele Einrichtungen gezwungen auf Leiharbeit zurückzugreifen, was aufgrund mangelnder Erfahrung häufig zu Lasten der Pflegequalität gehe und zu Unruhe in den Einrichtungen führe.
Dorn im Auge der Pflegeexpertinnen und signifikantes Hindernis zur Gewinnung von Nachwuchskräften sei zudem auch der 2020 eingeschlagene Weg zur generalistischen Ausbildung. Der Abschluss als Pflegefachfrau/Pflegefachmann verbinde die Krankenpflege, die Kinderkrankenpflege und die Altenpflege. Die Ausbildung sei überfrachtet. Den Bedürfnissen in den einzelnen Sparten der Pflege werde nicht ausreichend Rechnung getragen, so die einhellige Meinung.
Landrat Dr. Jürgen Ludwig dankte für den Besuch des Landtagsabgeordneten sowie die offenen und auch kritischen Worte. „Es ist uns ein zentrales Anliegen, dass wir bei einem derart wichtigen Zukunftsthema wie der Pflege mit der Landes- und Bundespolitik in Kontakt bleiben, uns vernetzen und schauen, was wir besser machen können.“ Dankbar für die Erfahrungsberichte zeigte sich der Landtagsabgeordnete Andreas Schalk. Die Zukunft der Pflege sei auf Landesebene von maximaler Bedeutung. Der allgemeine wirtschaftliche Abschwung führe zu einem zunehmenden Verteilungskampf zwischen den Ressorts, so der Stimmkreisabgeordnete. Die Pflege müsse sich strukturell neu aufstellen und die Frage gestellt werden, welche Leistungen in der Pflege vertretbar und welche wünschenswert seien. Die Meinungen werde er in die Landespolitik einbringen und den Reformprozess aktiv begleiten.